2.01.2006

Pechsträhne

Frau L., meine Amme, hat das Obstbild runtergeputzt. Bei der Jagd auf Spinnen berührte sie mit dem Besen das Bild und es fiel herab. „Der Nagel war nicht mehr fest. Es hing auch so komisch.“ Habe den Nagel geprüft. Er ist fest. Es hing auch richtig. Der Rahmen ist beschädigt und es tat ihr ziemlich leid. Mir auch und zwar sehr. Aber was soll es. Es ist nun mal passiert, und vom Trauern wird es auch nicht wieder ganz. Trotzdem bin ich traurig.

Endlich hatte ich heute Nachmittag einen kostenlosen Parkplatz gefunden. Als ich noch einmal absichernde Blicke mein Auto umrunden ließ, las ich: Parken verboten, Einfahrt Arztpraxis. Also wieder raus. Ein Autofahrer wollte mich rechts beim Wiederrausfahren überholen. Er wagte es nicht, da er fürchtete, zu weit auf die linke Fahrbahn zu kommen. Also beschimpfte er mich und zog es vor aus Vorsicht hinter mir zu halten. Ich nahm das als Kavaliersgeste und fuhr raus. Das hatte ich wohl falsch verstanden, denn er schimpfte noch auffälliger (gottseidank lautlos, weil in seinem Auto mit verschlossenen Fenstern dem Winter sei Dank) als zuvor.
Endlich fand ich einen Parkplatz in der Drechstraße, wie immer. Kein Verbotsschild. Ich war auf der sicheren Seite. Frohgemut unterließ ich einen gesunden Spaziergang und fuhr mit der U-Bahn zum Odeonsplatz.
Dortselbst im Tambosi Milchcafe getrunken und dabei rumgeguckt, ziemlich lange.

Danach Geschäfte betreten und wieder verlassen. Eines mit einem halbteuren T-Shirt.
Anschließend in die Carl Larsson- ein schwedisches Märchen- Ausstellung gegangen.War beeindruckt. Hatte ich nicht erwartet, diese märchenhaften, meisterlich gemalten Bilder. Sogar das Haus der Larssons war aufgebaut. „Man“ fand Ähnlichkeiten mit den Ikea Möbeln. Ich fand diese nicht, denn viele Möbel waren damals schon Antiquitäten, die sie – Karin Larsson - respektlos und mutig umgestaltet hatte. Larssons Frau hatte Geschmack. Sie war ja Kollegin ihres Mannes. Der Schreiner, bei dem sie die von ihr entworfenen Möbel anfertigen ließ lieferte diese erst nach Einbruch der Dunkelheit, weil er nicht wollte, dass die Leute diese hässlichen Möbel sähen. In den langen Wintern webte sie wunderschöne Wandbehänge und Bezüge für die Möbel. Sie muss wohl eine sehr kluge und begabte Frau gewesen sein.
Auf dem Rüvckweg zu meinem Auto verzichtete ich auf den Gang zum Hertie. Es war schon 18.30 Uhr und ich wollte „Verliebt in Berlin“ nicht verpassen. Gottseidank hatte ich darauf verzichtet, denn schon von weitem leuchtete mir von der Windschutzscheibe meines Autos ein DIN A 4 großes grünes Blatt entgegen. Jemand hatte es auf meine Windschutzscheibe gelegt. Ich nahm es ab und rechnete mit dem Schlimmsten.
Da es schon dunkel war, konnte ich es nicht lesen. Ich wollte es auch nicht lesen. Denn ich zog es vor den Ort schnellsten zu verlassen. Meine Scheinwerfer schaltete ich erst bei der nächsten Kreuzung ein. Ich rechnete mit dem Schlimmsten.
Würde eine Polizeistreife mit Blaulicht mich überholen und verhaften?
Hatten sie mich zu einer horrenden Geldstrafe verurteilt?
Würde ich einen Punkt in Flensburg bekommen?
In meinem Bauch machte sich ein äußerst unangenehmes Gefühl breit.
Ich überlegte, wie ich mich bei dem auf mich zukommenden Unheil verhalten sollte.
„Am besten ist es, wenn ich den grünen Zettel zu Hause gleich, ohne ihn gelesen zu haben, in die Mülltonne werfe.“
Aber nein, dann würde ich ja das auf mich zukommende Unheil nicht mehr abwehren können, aus Unkenntnis desselben.
Ich fuhr mein Auto in die Garage und stopfte den grünen Zettel wütend in die Tasche.
Zu Hause las ich ihn dann doch:

Da hatte ich ja noch einmal Glück gehabt. Sie holen erst beim nächsten Mal die Polizei.
Vielleicht sollte ich eine Schachtel Pralinen vor die Ausfahrt stellen, die ich angeblich versperrt hatte. Es war kein Parkverbotsschild an dem Tor. Aber die Leute in der Dreschstraße sind auch wütend, wenn man ohne Verbotsschild vor ihrer Einfahrt parkt. Ich hatte das ja nicht zum ersten Mal erlebt, heute aber hoffentlich zum letzten Mal.

Ich bin harmoniesüchtig!

Aller guten und hier auch schlechten Dinge sind drei. Ein abendlicher Anruf, der von mir gestartet war, endete unerfreulich. Ich hatte gestört beim Mozartfilm. Man hatte überdies noch ein schlechtes Gewissen, weil man mich nicht zurückgerufen hatte. Ich werde dort besser nicht mehr anrufen. Schade, schade, schade, dass ich so harmoniesüchtig bin. Das erschwert vieles.